Als Nicht-Kaffeetrinker ist man ja bei so mancher Gelegenheiten ziemlich gekniffen. Nach einem guten Essen zum Beispiel, wenn’s für alle am Tisch noch einen Espresso gibt und man selbst nur die Wahl hat zwischen lieblos präsentiertem Beuteltee oder einem Schnaps als Verteiler. Oder wenn einen am Schreibtisch gegen 16 Uhr die bleierne Lustlosig- und Müdigkeit überfällt und man lethargisch zusehen muss, wie alle Kollegen gen Kaffeemaschine strömen. Leider ist es so, dass ich Kaffee nicht vertrage und er mir mangels Gewöhnung auch nicht sonderlich schmeckt. Nur den Koffeinkick, den hätte ich manchmal ganz gerne. Als jahrzehntelange Teetrinkerin werde ich von normalem Tee zwar leidlich munter, der ganz große Hallowach-Effekt bleibt aber aus.
Nach einer Matcha-Verkostung am vergangenen Donnerstag habe ich jedoch jetzt die Lösung. Und die ist – grün! Sabine Stübner und Ilja Zielinski von Aiya, dem führenden Produzenten von Matcha in Japan, haben einen Abend lang einer Gruppe von Food-Schreibern erzählt, wie Matcha hergestellt wird, warum er so gesund ist und wie er getrunken wird. Und dann durften wir in einer kleinen, zwanglosen Teezeremonie selber den Chasen, also den typischen Bambusbesen, schwingen.

Was mich an Matcha bislang immer ein wenig abgeschreckt hat, ist der stattliche Preis. Je nach Qualität kann eine 30-Gramm-Dose zwischen 20 und 46 Euro kosten. Allerdings gibt es keinen Tee, der auch nur ähnlich aufwändig produziert wird und das erklärt, warum er so teuer ist. Tencha, die Teesorte, aus der Matcha hergestellt wird, wächst in speziellen Schattenplantagen. Das bedeutet, dass vier Wochen vor der Ernte die Plantagen mit dunklen Netzen abgedeckt werden. Wenn die Pflanzen weniger Sonnenlicht bekommen, produzieren sie als Ausgleich mehr Chlorophyll. In den Blättern entstehen besonders viele Aminosäuren, was zu einem milden und süßlichen Geschmack führt. Ende April, Anfang Mai erfolgt die Ernte, und zwar per Hand. Nur die obersten zwei Blätter des Triebes werden gepflückt. Dann werden die Blätter zunächst gedämpft, um die Fermentation zu stoppen, und anschließend getrocknet. Nur das Blattfleisch wird zu Matcha verarbeitet, Stiele und Blattadern werden aussortiert und zu einer ganz eigenen Spezialität, Kukicha oder „Stieltee“ genannt, verarbeitet. Traditionelle Granitmühlen pulverisieren das Blattfleisch zu dem bekannten, leuchtend grünen Pulver. Das geschieht sehr langsam, damit der Tee durch die Reibung nicht heiß wird. Ungefähr eine Stunde dauert es, bis der Inhalt für eine Dose Matcha vermahlen ist.
Reichlich innere Werte
Wegen des besonderen Anbaus und der schonenden Verarbeitung bleiben Farbe, Geschmack und Inhaltsstoffe weitestgehend erhalten. Da wäre zum einen das Tee-Koffein, das anregend und belebend wirkt. Bei mir hat es vorzüglich eingeschlagen, ich war noch stundenlang munter und konnte zunächst gar nicht einschlafen. Note to self: Keinen Matcha latte um acht Uhr abends mehr trinken. Das Gute am Matcha ist, dass man davon keinen Herzkasper bekommt, denn die in ihm enthaltene Aminosäure L-Theanin wirkt zum Ausgleich beruhigend und entspannend und nimmt dem Koffein die Spitzen. Matcha macht daher angenehm wach, aber nicht nervös.
Zum anderen enthält Matcha eine sehr hohe Konzentration an Antioxidantien, welche unsere Körperzellen vor Schäden bewahren. Da das Pulver aufgelöst und getrunken wird, nehmen wir all die guten Stoffe auch umfassend auf, anders, als würde man Teeblätter nur kurz ziehen lassen und dann absieben.
Sein Gesundheitswert ist der Grund, warum das grüne Pulver bei uns immer populärer wird. In seiner Heimat Japan hingegen wird Matcha vor allem wegen des Geschmacks geschätzt. Bei Eiscreme gehört Matcha neben Schokolade und Vanille zu den beliebtesten Geschmacksrichtungen, auch Getränke, Smoothies und Süßigkeiten (Kitkat!) werden damit hergestellt. Und natürlich ist Matcha Bestandteil einer klassischen Teezeremonie und hilft Zen-Mönchen beim Meditieren.

Goldene Regeln für den Umgang mit Matcha:
- Sieben: Weil Matcha so fein gemahlen ist, kann er, ähnlich wie Puderzucker, klumpen. Wird er durch ein Sieb gestrichen, löst er sich besser auf.
- Temperatur: Pulver mit 80 Grad heißem Wasser aufgießen. Zu heißes Wasser würde das Getränk bitter machen.
- Shake it: Mit einem Bambusbesen locker aus dem Handgelenk schaumig schlagen. So entsteht eine feine Crema. Wer keinen Bambusbesen hat, nimmt einen Milchaufschäumer.
- Keep cool: Matchapulver wird gekühlt auf Schiffen von Japan zu uns transportiert. Auch zu Hause lagern wir es besser im Kühlschrank, um seine Inhaltsstoffe zu bewahren.
- Geduldig verkosten: Laut Sabine Stübner von Aiya muss man als Matcha-Novize das Getränk drei Mal probieren, um auf den Geschmack zu kommen. Am Anfang versucht das Gehirn nämlich, sich einen passenden Geschmack zu der grünen Farbe zu denken. Spinat? Alge? Brennessel? Erst, wenn sich unsere Vorstellung von den erlernten grünen Geschmäckern löst, können wir die feinen Nuancen des Matcha wahrnehmen.

Ich habe mir heute Nachmittag einen Matcha latte gemacht, der sieht lustig grün aus, schmeckt super köstlich und weckt die Lebensgeister. Einfach 1 TL Matchapulver mit 50 ml Wasser (80 Grad heiß) aufquirlen. Das geht prima mit dem Milchaufschäumer, den man sowieso braucht, um dann etwa 200 ml heiße Milch aufzuschäumen. Die Milch kommt dann zum grünen Matcha-Aufguss – und schon isses fertig! Zucker oder Honig nimmt jeder nach Belieben.
Für so einen Schaumschläger muss es nicht die allerteuerste Super-Tempel-Meditations-Qualität sein, die würde in der Milch ohnehin ziemlich untergehen. Es gibt mittlerweile günstigere Sorten, die sich extra zum Kochen sowie für Smoothies und Shakes eignen, zum Beispiel „Matcha Tsuki“. Für rund 20 Euro bekommt man ganze 100 Gramm. Wenn man sich das noch mit einer Freundin teilt, kann man relativ schmerzlos erst mal ein bisschen mit dem Pulver experimentieren, zum Beispiel Panna cotta, Pralinen oder Cookies herstellen. Im Anschluss an die Verkostung gab es zum Beispiel Sushi mit Matcha, sehr lecker! Ich werde mich in den nächsten Wochen mal in der Küche ein bisschen damit befassen und weiter berichten! Bis dahin: Sayonara und euch allen einen guten Start in die Woche!
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