Im Frühjahr habe ich ja schon die Brennnessel als Heilkraut und als Gemüse bejubelt – nämlich hier und hier. Diese zu Unrecht als Unkraut gescholtene Pflanze hat es an dieser Stelle erneut verdient, ins Rampenlicht gerückt zu werden. Diesmal geht es allerdings um die Samen, das sind die üppigen grünen Schwänzchen, die an den Stängeln der weiblichen Pflanzen hängen. Nicht verwechseln mit den Brennnessel-Herren, deren Blütenstände sind deutlich heller und mickriger!
Die Samen haben es mächtig in sich: Alles, was der Brennnessel an Heilwirkung bezüglich Nieren, Harnwegen, Gicht oder Rheuma zugeschrieben wird, gilt für Ihre Samen auch, nur in weitaus konzentrierterer Form. Interessant: Angeblich sollen sie schon vor über 2000 Jahren für ihre aphrodisierende Wirkung speziell auf Männern geschätzt worden sein – ein rein pflanzliches Viagra also! In der Alternativmedizin gelten Brennnesselsamen als Adaptogen, das heißt, sie helfen unserem Körper, mit Stress, Erschöpfung und stressbedingten Erkrankungen besser fertig zu werden. Manche empfehlen die Samen sogar, um die schädlichen Effekte einer Chemotherapie auf die Nieren zu mildern. Da sie von Mai bis November überall leicht zu ernten sind und zudem ein ungewöhnliches, aromatisches Gewürz ergeben, lohnt es sich, ein bisschen mit ihnen zu experimentieren.
Man kann die Samen vorsichtig von den Pflanzen knipsen und dann ausgebreitet trocknen lassen. Zum absoluten Geschmackshammer werden sie aber, wenn sie im Ofen kurz geröstet werden. Ich habe sie dazu auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech verteilt und rund 5 Minuten in den auf 160 Grad vorgeheizten Ofen geschoben. Hier muss man ein bisschen aufpassen, denn wenn sie zu lange im Ofen waren, verbrennen sie und schmecken dann unangenehm bitter. Lieber alle paar Minuten checken, die Samen sollten noch grünlich sein und nicht dunkelbraun. Wenn sie auf den Punkt sind, verbreiten sie einen erstaunlichen Duft, der an Kaffeebohnen, Nüsse und würzigen Spinat erinnert. So lassen sie sich zum Beispiel im Green Smoothie mitpürieren oder ins Müsli streuen für eine Extra-Portion Vitalstoffe. Oder ihr macht ein super Gewürzsalz daraus, das sich auch prima verschenken lässt. Und der Beschenkte darf dann raten, was für ein Wunderkraut da drin ist 🙂
Für das Salz habe ich nach dem Rösten die Samen mit den Stielen sanft zwischen den Handflächen zerrebelt. Die gröberen Stiele kann man dabei aussortieren, dann sieht das Salz später feiner und „aufgeräumter“ aus.
Ich habe ein Mischungsverhältnis von ca. 60 (Salz) zu 40 (Brennnesselsamen) gewählt, je nach Geschmack kann man da aber natürlich rumprobieren. Das Gewürz schmeckt super in Salaten, Kräuterquark, Rührei, auf einem Butterbrot oder auf gebratenem Fleisch, speziell Schweinefleisch. Ein Versuch lohnt sich!