Beim Aufräumen fiel mir ein Büchlein in die Hand, das ich vor einigen Jahren in einem Antiquariat gekauft habe. „Die Feinschmecker-Party“ von Ellen Wendt erschien Anfang der 1960er Jahre, als die Bundesrepublik mit ihrem wachsenden Wohlstand jung war und die heute so elitäre Zeitschrift „Der Feinschmecker“ noch Bodenständiges wie „Kann denn Suppe Sünde sein“ oder „Gaumentrost fürs ganze Jahr“ veröffentlichte. Man trank „Kalte Ente“ (eine Art Bowle aus Moselwein und Sekt), die verheiratete Gastgeberin wurde noch manierlich mit Handkuss begrüßt, ein junges Mädchen nannte man Backfisch und eine nörgelnde Frau „Xanthippe“. Die schönsten Zitate aus diesem Kleinod möchte ich euch nicht vorenthalten.
Schon das Vorwort gibt den Takt vor:
„Wandelbar wie die Launen einer Frau sind die Formen der Geselligkeit.“
Aha! Aber die Autorin hat auch die Männer durchschaut und – mit Blick auf den geselligen Herrenabend – folgendermaßen charakterisiert:
„Ja – ein Herr wird im Plural zum Kerl. Er ißt nicht mehr, er futtert, er trinkt nicht mehr, er säuft.“
„Mitglieder einer Herren-Party sind, was das Essen anbelangt, recht bescheiden. (…) Schlicht aber herzhaft ist ihre Parole, wie z. B. eine Graupensuppe mit viel Rindfleisch, Eisbein mit Sauerkraut oder andere Hausmannskost (…).“
Rauchen gehörte für beide Geschlechter zum guten Ton:
„Sorgen Sie, lieber Gastgeber, auch für Rauchwaren. Sie haben sich hoffentlich gemerkt, welche Zigaretten jeder Gast raucht. Halten Sie mehrere Sorten bereit, eine Schachtel Cigarillos und einige gute Zigarren.“
Hingegen galt Rotwein als Altherrengesöff:
„Ist der Kreis der Gäste klein, und gehören die Herren der älteren Generation an, so könnten Sie, lieber Gastgeber, auch Rotwein anbieten.“
Überhaupt, der Alkohol.
„Betrunkene wollen zart behandelt werden, so grob sie sich auch geben. Ungerechterweise nehmen übrigens die Herren der Schöpfung – auch wenn sie selbst beileibe nicht als nüchtern durchgehen können – den Frauen einen Schwips sehr übel. Dabei ist mit besäuselten Damen viel leichter umzugehen als mit betrunkenen Männern.“
Teenager dürfen sich mit dem Betrinken allerdings ruhig noch etwas Zeit lassen. Binge-Drinking war noch nicht erfunden. Ellen Wendt rät für die Teenager-Party:
„Als Getränk wird vielleicht eine kalte Ente (mit reichlich Selterswasser) gegeben oder Coca, keinesfalls „harte Sachen“. Wir sind in keiner Goldgräberstadt und zum Whisky-Trinken bleibt den jungen Leuten noch ein ganzes Leben.“
Ja, damals hatten junge Menschen noch Perspektiven, und sei es nur die Aussicht auf ein Leben voller Schnaps! Ach, ich glaub, ich geh mich jetzt auch besäuseln 😉